Kulturwandel in Kliniken heißt Veränderungen von Bedürfnissen und Verhalten der Mitarbeiter erkennen und respektieren. Auch wenn das innere Streben nach Veränderung da ist, tun sich trotzdem viele Mitarbeiter schwer damit. Viele dieser Menschen haben einen hohen Kommunikationsbedarf; benötigen Klarheit und brauchen eine Stimme, die gehört wird, um an dem Prozess beteiligt zu sein.
Kulturwandel ist Bewegung und kommunikative Beteiligung aller Klinikmitarbeiter!
Das Kernproblem der Organisation besteht darin,
eine Sinngemeinschaft herzustellen, die in der Lage ist,
sich
miteinander zu verständigen und sich
gemeinsam zielgerichtet zu verhalten.
(Karl Weick)
Was kann klare Kommunikation in Kliniken bewirken?
Stellen sie sich vor, Sie fahren morgens an den Arbeitsplatz in die Klinik. Und während Sie auf das Gebäude zugehen, wird Ihnen bewusst: Hier werde ich wertgeschätzt und respektiert. Meine Talente werden erkannt und gefördert. Ich werde fair in die Entwicklung neuer Prozesse und Veränderungen eingebunden. Ich bekomme nicht nur Vorgaben, sondern darf auch selbst wählen. Ich werde immer wieder für meine Zuverlässigkeit belohnt. Mir wird Vertrauen geschenkt. Es wird generell mehr auf die Möglichkeiten als auf Defizite einer Person geschaut. Meine Stimme zählt, was ich zu sagen habe wird ernst genommen. Und das Beste: Die Kommunikation und die Zusammenarbeit in meiner Abteilung ist ehrlich freundlich.
Warum ist der Weg zu klarer Kommunikation im Klinikalltag so schwierig?
Eine Ursache ist das hierarchische Denken, das im Klinikalltag noch stark vorherrscht. Die Regeln werden "von oben" vorgegeben und sind vom Personal kritiklos umzusetzen. Das ist während einer Operation sicherlich wichtig und führt zum Erfolg. Außerhalb des O.Ps sollte aber sehr wohl Platz für konstruktive Kritik und genauso auch Zeit da sein, um den Hintergrund einer Regelung zu erklären. Das Team wird nicht eingebunden und damit fehlt der entscheidende Schlüssel zur Reflexion sowie die Möglichkeit, relevante Stimmen zu hören, die näher am Problem oder am jeweiligen Geschehen beteiligt sind als der Vorgesetzte oder die Klinikleitung.
Aber nicht nur das hierarchische Denken, sondern auch soziale Konflikte aufgrund von extrem hoher Arbeitsbelastung, der permanente Zeitdruck, da zu viele Patienten von einem Pfleger betreut werden müssen und auch die fehlende wertschätzende Einbindung der einzelnen Mitarbeiter als Persönlichkeit führen dazu, Probleme nicht offen anzusprechen oder aufzudecken. "Es ist halt so, mach das Beste daraus oder zieh Deine Konsequenzen und geh", ist eine Satz, der nicht selten im Alltag fällt und dafür sorgt, dass bestehende Strukturen bleiben und neue Impulse verdrängt werden.
Wie entsteht Kulturwandel?
Kultur im Klinikalltag meint das, was ich in einer Klinik kann, soll, darf und will. Kulturwandel geschieht durch Prozessveränderungen, Digitalisierung, aber vor allem durch Kommunikation, Vertrauen, Wertschätzung und Wirkungsmanagement, d.h. die Bausteine für einen Kulturwandel.
Durch die Identifikation und das Engagement des Einzelnen für die Klinik bzw. durch den Beitrag jedes Einzelnen verändert sich eine Klinikkultur. Indem die Mitarbeiter klar kommunizieren können und dürfen und auch gehört werden, indem sie konstruktive Vorschläge unterbreiten dürfen und indem sie entsprechend ihrem Können gefördert werden, entsteht eine Dynamik, von der alle profitieren.
Reaktiver statt kreativer Wandel – wo stehen Kliniken heute?
Kliniken befinden sich in einem reaktiven Wandel, wenn Mitarbeiter kündigen, Stationen aufgrund von Personalmangel geschlossen werden oder unterversorgt sind. Ein reaktiver Wandel tritt ein, wenn Menschen in ihrer Situation und mit ihren Bedürfnissen nicht wahrgenommen werden. Reaktives Verhalten ruft u.a. Reaktionen wie Flucht, Rückzug und Passivität hervor. "Warum soll ich denn hier mitmachen, mich versteht doch sowieso keiner."
Wie lässt sich kreativer Wandel erreichen?
Hier steht der Erfolgsfaktor Mensch im Vordergrund. Werden die Mitarbeiter zu Mitgestaltern und sind am Prozess der Neugestaltung beteiligt, dann fühlen sie sich eingebunden. Es beginnt ein kreativer Prozess, der Lebendigkeit schafft. Geschäftsziele sind oft ökonomisch, ökologisch oder gesellschaftlich motiviert. Der Einzelne rückt hier absolut in den Hintergrund. Verständlich und doch so ineffizient. Dabei könnte die Führungsperson mit Achtsamtkeit gegenüber dem Einzelnen so viel bewirken, verändern und erreichen.
Das Marktforschungsinstitut Gallup erstellt jährlich einen "Engagement-Index" von Mitarbeitern in deutschen Firmen. Insbesondere wird untersucht, wieviel Vertrauen zum Arbeitgeber besteht. Vertrauen zum Arbeitgeber ist ein wesentlicher Indikator für motivierte Arbeitsbereitschaft.
Das Ergebnis ist niederschmetternd: In rund 70 % der bewerteten Firmen machen die Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift.
Was sind die Ursachen von unmotiviertem Dienst nach Vorschrift?
- mangelndes Feedback
- keine Einbindung in Prozesse
- geringe Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse
- mangelnde Anerkennung
Die Folgen:
- erhöhte Fehltage
- Personalmangel
- unbesetzte Stationen
- mangelnde Patientenversorgung
Die Folgen in Zahlen: Allein die Fehltage, die auf Unlust zurückzuführen sind, kosten die Unternehmen 18 Mrd. Euro in Deutschland.